
Wenn Du ein totes Pferd reitest, steig ab!
In einem Sprichwort der Dakotas heißt es: „Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab!”
Ich ritt viele tote Pferde, zäumte und striegelte sie Tag für Tag, ohne zu merken, wie sie innerlich verwesten und ich mich keinen Zentimeter bewegte. Wir machen Dinge, weil wir sie so gelernt haben. Wir ahmen unsere Eltern nach, obwohl wir nie so werden wollten wie sie. Wir sind Opfer ihrer Angewohnheiten, obwohl unsere Eltern diese nie haben wollten. Sie wiederum wurden Opfer ihrer Eltern. Alle zäumten sie ihre Pferde auf eine ganz bestimmte Art. Woher sollen wir wissen, dass man ein Pferd auch ohne Sattel reiten kann?
Warum merken wir nichts?
Es gibt einen Teil in uns, der erforscht unsere Umwelt. Das aber kostet viel Energie, die gut eingeteilt werden muss. Deshalb werden erprobte Erfahrungen und Routinen vom Gehirn als „Ok“ gespeichert und nicht wieder hinterfragt. Würden wir uns in einem Stillleben befinden, wäre das völlig ok.
Das Leben ist im Fluss.
Unser Leben ist ständig in Bewegung. Alles ist im Fluss. Die Dinge um uns herum verändern sich. Nichts bleibt, wie es ist. Das sehen wir oft nur nicht oder wollen es nicht wahrhaben. Jeder Mensch um uns verändert sich und auch wir entwickeln uns von Sekunde zu Sekunde. Viele Paare trennen sich, weil sie nicht mehr zueinander passen und wundern sich, was aus dem so geliebten Partner geworden ist. Sie haben sich in verschiedene Richtungen entwickelt.
Der tote Job.
Als Kind habe ich immer gedacht, wenn man groß ist, macht man EINEN Job sein Leben lang. Seinen Traumjob! Aber das kann nur funktionieren, wenn sich das Unternehmen und die dazugehörige Position in die gleiche Richtung entwickeln wie man selbst. In allen anderen Fällen ist es völlig ok, abzusteigen oder umzusatteln, wenn wir merken, dass wir uns nicht mehr vorwärts bewegen.
Wie merken wir, dass wir uns nicht mehr bewegen?
Leider sieht es die Gesellschaft, in der wir uns entwickeln, nicht vor, die Achtsamkeit zu trainieren. In der Schule weichen die Bedürfnisse der Strebsamkeit und Unterwerfung. Aus wissbegierigen Kindern werden gelähmte Folger. Wir lernen Gedichte, bis uns schlecht wird und tragen sie 30 Jahre später mit der gleichen Betonung vor wie damals. Wir schnüren uns die Schuhe mit der Abfolge der Schleifenschritte, wie wir sie im Kindesalter gelernt haben. Einige von uns haben den Traumberuf aus der Grundschule ergriffen und merken nicht, wie sehr sie unter dieser Entscheidung leiden. Stattdessen ist der Partner schuld oder der Hund vom Nachbarn.
Was brauchen wir, um uns achtsam zu entwickeln?
Unser immer schneller werdendes Leben benötigt Auszeiten und Ruhe, um Dinge zu sehen und zu hinterfragen. Erst wenn wir Luft und Raum zum Atmen haben, werden uns Dinge bewusst, wir können klar sehen und einige unserer Lebensbereiche neu erforschen. Und wenn wir klar sehen und verstehen, dann benötigen wir den Mut, vom Pferd abzusteigen und eine Weile zu Fuß zu gehen, bis wir das nächste Dorf der Dakotas erreichen.