Junges Paar

Reicht Freundschaft für eine Beziehung aus?

Die erfüllte Liebe erscheint vielen Menschen als großes Lebensziel und manchmal sogar als Sinn des Lebens. Kann eine gute und innige Freundschaft als Basis genügen, um eine Beziehung miteinander zu führen?

Liebe und Freundschaft können schnell verwechselt werden
Auch wenn Liebe und Freundschaft viele Dinge gemeinsam haben, unterscheiden sie sich doch grundlegend voneinander.
Freundschaft entwickelt sich langsam im Hintergrund und meist ohne den großen Knall. Sie ist viel befreiter von Regeln und Ritualen – ganz im Gegensatz zur Liebe – und entsteht aus der echten und unverfälschten gegenseitigen Wahrnehmung. Sie wächst stetig durch eine immer stärkere Verbundenheit und ein tiefes Verständnis füreinander. Eine Freundschaft kann sehr innig und dennoch völlig frei von romantischer Liebe sein.

Verliebtheit hingegen kann explosionsartig entstehen und kaum von sexuellem Verlangen getrennt werden. Erst wenn dieses Bedürfnis nach einem bestimmten Menschen über einen großen Zeitraum andauert, kann man von Liebe sprechen. Sie entspringt dem Unbewussten, ist eine in keinster Weise zu steuernde Emotion und unbewusste Sehnsucht. Liebe kann blind machen, idealisiert werden und unrealistische Erwartungen erschaffen. Sie ist viel stärker an optische Reize und Vorlieben gebunden als die Freundschaft.

Die Grundlagen einer guten Partnerschaft
Eine Beziehung soll das Leben bereichern und Sicherheit und Ruhe bieten. Im Alltag kommt es durch die stetig nachlassende Verliebtheit und der Notwendigkeit eines klaren Kopfes immer wieder zu neuen Enttäuschungen. Darum ist es äußerst wichtig, sich immer wieder vor Augen zu führen, dass Verliebtheit und Liebe nicht das Gleiche sind und es normal ist, dass das Kribbeln langsam nachlässt.

Freundschaft ist für eine glückliche Beziehung eine sehr gute Grundlage, denn der Partner sollte all die Punkte erfüllen (Ehrlichkeit, Vertrauen, Sicherheit, gute Gespräche usw.), die auch ein Freund erfüllt. Die gemeinsame Basis stimmt, man hat bereits viel miteinander erlebt, kennt den anderen und seine Macken, empfindet trotz dieser kleinen Fehler Zuneigung füreinander und möchte, dass es ihm gut geht.
Wird zwischen zwei Freunden aber eine Partnerschaft eingegangen, die schließlich doch scheitert, ist in den meisten Fällen auch die Freundschaft nicht mehr zu retten. Darum sollte vorher wirklich ausreichend überlegt werden, ob mit der Zeit tatsächlich tiefere Gefühle füreinander entstanden sind oder es sich nur um eine kurze Empfindung, dem Wunsch nach Zweisamkeit, handelt. Gehen beide Partner mit unterschiedlichen Erwartungen an die neue Beziehung heran, kommt es schnell zu ersten Problemen.

Ist freundschaftliche Liebe also ausreichend?
Jein. Es ist richtig, dass man nicht nach der großen Verliebtheit suchen sollte, die für immer anhält. Sie ist nicht realistisch und die Stärke der anfänglichen Gefühle sagt auch nichts über die spätere Stabilität der Partnerschaft aus. Beziehungen, die nicht völlig kopflos, sondern auch mit ein wenig Vernunft eingegangen werden, sind auf lange Sicht gesehen beständiger.
Zudem bedeutet Verliebtheit noch lange nicht, dass es sich wirklich um Liebe handelt, diese beiden Empfindungen müssen klar voneinander getrennt werden. Oft kommt es schon nach einigen Wochen oder Monaten des Hormonrausches plötzlich zur absoluten Ernüchterung.
Eine Beziehung aus reinen Gründen der Vernunft hat heute allerdings kaum noch eine Chance, viel zu groß ist die Sehnsucht nach der romantischen Liebe. Was viele Menschen dabei jedoch vergessen: Entwickelt sich die Partnerschaft in eine positive Richtung, wandelt sich die romantische Liebe nach einer Weile ohnehin in freundschaftliche Liebe um. Die anfängliche Besessenheit und das Verlangen nach ständigem Kontakt zum Partner lassen nach. Studien zufolge hält die freundschaftliche Liebe daher auf Dauer genauso glücklich wie die romantische Liebe.

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Eine solche Beziehung kann also durchaus funktionieren, aber wer einen Hang zur Romantik und dem großen Bauchkribbeln hat, wird unterbewusst weiter nach einem Menschen suchen, der ihn vom ersten Moment an begeistert. Die Wahrscheinlichkeit, dass im Laufe der Zeit eine Person ins eigene Leben tritt, die romantische Gefühle hervorruft, ist dann sehr groß. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, dass diese Hochstimmung – wenn es gut läuft – schlussendlich doch wieder in der freundschaftlichen Liebe enden wird. Dem Wunsch nach Nähe zu diesem einen besonderen Menschen soll unbedingt nachgegeben werden und so lösen sich viele aus ihren eigentlich gut funktionierenden Partnerschaften oder führen aus Pflichtgefühl weiterhin eine Kompromissbeziehung, die sie von Anfang an nicht wirklich glücklich gemacht hat.

Rationale Gründe sind besser als ihr Ruf
Eine Beziehung kann auch halten und glücklich machen, wenn sie ohne Schmetterlinge im Bauch beginnt. Eine warmherzige Zuneigung und eine gewisse körperliche Anziehung muss aber gegeben sein, um überhaupt eine Partnerschaft miteinander führen zu können. Gleiche Lebensziele verbinden und die jeweiligen Grundbedürfnisse sind durch die Nähe und den Rückhalt des anderen gestillt.
Wer die Beziehung hingegen nur aus Einsamkeit, Torschlusspanik oder anderen Gründen eingeht, der wird durch diese Art von Partnerschaft früher oder später unglücklich werden, da die Sehnsucht nach echter Liebe und Zuneigung zu groß wird. Herz und Kopf lassen sich nicht völlig voneinander trennen und irgendwann kommt dann doch der Mensch, der nicht einfach nur einen Kompromisspartner darstellt. Wenn die eigenen Grundbedürfnisse befriedigt sind, nicht einfach nur der Wunsch nach neuem Bauchkribbeln besteht und die starke Zuneigung zu einem anderen Menschen als dem Partner lange genug anhält, kann man sich der Echtheit der Gefühle für die andere Person sicher sein.

Freundschaftliche vs. romantische Liebe
Der Suche nach einer Verliebtheit, die ein Leben lang anhält, sollte nicht zu viel Raum gegeben werden. Es ist völlig normal, dass Gefühle sich mit der Zeit wandeln und das Kribbeln schwächer wird. Wer aber keinerlei Anziehung und tiefere Gefühle für jemanden empfindet, der sollte auch keine Beziehung aus reiner Freundschaft, Einsamkeit oder äußerem Druck eingehen. Früher oder später tritt bei Menschen mit romantischer Veranlagung dann nämlich doch jemand ins Leben, der echte Gefühle weckt. Auch wenn die momentane Partnerschaft von Beginn an auf eher freundschaftlicher Liebe basiert, fällt eine Trennung nicht leichter und ist nicht weniger kompliziert. Wer sich nach einer romantischen Anfangsphase sehnt und später gemeinsam mit dem Partner auf diese Zeit zurückblicken möchte, wird in einer Kompromissbeziehung nicht glücklich werden.

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