
Männer und ihre Gefühle
Haben Männer weniger Emotionen als Frauen? Nein, auf keinen Fall – es fällt ihnen nur deutlich schwerer, ihre Gefühle richtig auszudrücken. So wirkt sich das Verdrängen auf zwischenmenschliche Beziehungen aus.
Männer haben Angst, als Weichei dazustehen
Der Ursprung des Problems liegt – wie so oft – in der unterschiedlichen Erziehung beider Geschlechter. Mädchen werden im Regelfall ermutigt, zu ihren Gefühlen zu stehen, ihnen freien Lauf zu lassen und werden liebevoll getröstet, wenn sie weinen. Jungs hingegen sollen Stärke zeigen und mehr aushalten als ein Mädchen. Mit ihrem Vater haben sie zudem ein Vorbild, das ihnen genau dieses Verhalten vorlebt – kein Wunder also, dass diese vermeintliche Emotionslosigkeit von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Für Männer steht das Zeigen von Gefühlen in Widerspruch zu Stärke und Selbstsicherheit, weswegen sie sich nur sehr wenigen Menschen gegenüber öffnen können. Aus Angst, als Mann nicht ernstgenommen zu werden, unterdrücken sie deshalb ihre Emotionen oder gehen aktiv gegen sie vor.
Verdrängen führt zu psychischen Problemen
Ist ein Mann erfolgreich gegen seine eigenen Gefühle vorgegangen, kann er seine eigenen Emotionen nur noch schwer selbst einordnen oder fühlt sogar rein gar nichts mehr. Innere Leere und Depressionen können die Folge sein.
Emotionslosigkeit wirkt sich aber auch auf die Beziehung aus. Wer seine eigenen Gefühle nicht versteht, kann dem Partner weder mitteilen, was er sich wünscht noch ausreichend auf ihn eingehen. Sind keine offenen Gespräche mehr möglich, geht früher oder später auch die Partnerschaft in die Brüche.
Frauen fällt es durch ihre Erziehung allgemein viel leichter, sich über Gefühle und Gedanken auszutauschen. Die meisten ihrer Gespräche drehen sich um zwischenmenschliche Beziehungen und Erlebnisse, emotionale Verletzungen usw. Gerade weil sie zu dieser Offenheit erzogen wurden, ist es für sie nicht leicht, nachzuvollziehen, wieso persönliche Gespräche Männern eher Schwierigkeiten bereiten. So kommt es auch im Alltag immer wieder zu Missverständnissen und Diskussionen, wenn der Mann wieder mal nicht weiß, wie er mit den Gefühlsausbrüchen seiner Partnerin richtig umgehen soll.
Vermutlich hat er auch nie gelernt, anderen seine Bedürfnisse mitzuteilen. Daher scheint es ihm oft einfacher, sich von seiner Partnerin zu trennen und damit Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen, obwohl die Beziehung mit ein bisschen gemeinsamer Arbeit zu retten gewesen wäre.
Das Verdrängen eigener Emotionen hat aber noch einen weiteren Nachteil: Die Empathiefähigkeit nimmt ab und/oder kann sich gar nicht erst weiterentwickeln. Nur wer seine eigenen Gefühle und sein daraus resultierendes Verhalten versteht, kann sich auch ausreichend in andere hineinversetzen und Kritik richtig nachvollziehen.
Auch Missverständnisse lassen sich durch Empathie von vornherein vermeiden – Reaktionen können besser abgeschätzt werden, kleinste Gefühlsregungen, Verärgerung und emotionale Verletzungen lassen sich deutlich schneller erkennen. Es lohnt sich also, sich mit den eigenen Emotionen genauer auseinanderzusetzen.
Kein Mensch (nein, auch kein Mann) ist schwach, nur weil er Gefühle zeigt oder weinen muss, wenn ihn etwas belastet. Denn wahre Stärke bedeutet, dass man seine Schwächen zugeben und zeigen kann.