
Gibt es die Liebe auf den ersten Blick wirklich?
Ein einziger, schicksalhafter Moment, ein kurzer Blick und nichts ist mehr, wie es war. Was als perfekter Stoff für viele Filme und Geschichten dient, erweist sich in der Realität meist als wahre Herausforderung. Aber kann das überhaupt echte Liebe sein?
Ja, es gibt sie wirklich, die Liebe auf den ersten Blick. Sie kommt gar nicht mal so selten vor, denn etwa die Hälfte aller Partnerschaften startet mit dem alles verändernden Moment beim ersten Aufeinandertreffen.
Eindeutige Symptome
Trifft man auf einen Menschen, der einen sofort in seinen Bann zieht, kann man sich selbst kaum noch kontrollieren. Ständig driften die Gedanken sogar von wichtigen Aufgaben zum anderen ab, man ist nervös, fahrig und völlig durcheinander, weiß kaum noch, wohin mit sich selbst. Das Essen fällt schwer, der Magen spielt verrückt und das nächste Treffen scheint in viel zu weiter Ferne. Das Gefühl von starker Vertrautheit macht sich breit und die kleinen Fehler und Makel des anderen werden schlichtweg ausgeblendet. Kopf und Körper befinden sich in einem absoluten Ausnahmezustand, noch nie zuvor hat man so gefühlt.
All diese – zumindest zeitweise – lebensverändernden Gefühle können ihren Grundstein in einer Viertelsekunde haben. Ein einziger Blick, ein Lächeln und schon schüttet der Körper Hormone aus, die für einen echten Liebesrausch sorgen. Man beginnt zu schwitzen, das Herz rast, die Knie werden weich und der Kopf versinkt im Chaos. Man wird schlichtweg unzurechnungsfähig.
Die Achterbahnfahrt startet aus dem Nichts und wird viel intensiver erlebt als ein langsames Kennenlernen. Da keine Chance bestand, sich auf die Situation vorzubereiten, trifft einen der Hormonrausch viel härter. Selbstkontrolle ist ab diesem Zeitpunkt kaum noch möglich.
Die unromantische Wahrheit
Zwei Menschen sehen sich an und sind sofort hoffnungslos ineinander verliebt? Was vielen als perfekter Start in ein gemeinsames Leben mit ihrem Seelenverwandten erscheint, ist schlichtweg sexuelle Anziehung, auch wenn sie als tiefreichende Begegnung eingestuft wird. Vor allem im Nachhinein wird dies bei Paaren idealisiert und das Kennenlernen überschätzt.
Innerhalb der ersten drei Sekunden werden vom Gehirn alle Informationen gesammelt, die das Bild über den vermeintlichen Charakter des anderen ergeben. Herkunft, Religion, Beruf, Lebensziele – keine unwichtigen Kriterien bei der Partnersuche – sind nebensächlich und werden ausgeblendet. Persönlichkeitsmerkmale rücken völlig in den Hintergrund.
Einzig und allein auf die körperliche Attraktivität und die optische Ähnlichkeit zu einem selbst kommt es in den ersten Sekunden an. Auch durch gewisse Gemeinsamkeiten zum andersgeschlechtlichen Elternteil punktet unser Gegenüber, da ähnliche optische Züge mehr Sicherheit ausstrahlen.
Männer trifft es häufiger als Frauen
Evolutionsbedingt springen Männer schneller auf optische Reize an als Frauen. Während er auf ein hübsches Gesicht und einen attraktiven Körper achtet, konzentriert sie sich zunächst auf seine Augen, Stimme und Körpergröße.
Meist ist die Liebe auf den ersten Blick eine Illusion und geht nicht selten wieder in die Brüche, da keine tiefe Zuneigung für den anderen empfunden wird. Schnell wird sich nebenbei nach einem neuen, geeigneteren Partner umgesehen, was als erstes Warnsignal dienen sollte. Wer nicht nur in die äußere Hülle des anderen verliebt ist, der hat auch keine Augen für andere Frauen oder Männer. Viel zu stark ist der empfundene Hormonrausch bei echter Verliebtheit.
Wahre Liebe braucht Zeit
Ob aus Liebe auf den ersten Blick wirklich echte Liebe wird, hängt von Faktoren ab, die erst später an Bedeutung erlangen. Für wahre Liebe braucht es Vertrauen, Sicherheit, Geborgenheit und Intimität, welche mit der Zeit aufgebaut werden.
Gemeinsamkeiten sind für eine glückliche Partnerschaft sehr wichtig, die aber können erst wahrgenommen werden, wenn der Testosteronspiegel wieder auf das Normalmaß sinkt. Die Botenstoffe und Hormone sorgen während der ersten Phase der Verliebtheit für eine rosarote Brille und blenden damit alle Nachteile und potentielle Alternativen zum Partner aus.
Beziehungen, die auf dem berühmten ersten Blick basieren, haben statistisch gesehen weniger Erfolg. Viel zu groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eigene Wünsche und Sehnsüchte auf den anderen projiziert werden und das Unterbewusstsein den perfekten Partner nur vorgaukelt.
Wer der Liebe auf den ersten Blick dennoch eine Chance geben möchte, sollte hin und wieder überprüfen, ob man als Paar wirklich zusammenpasst oder ob die Vorstellungen vom Leben zu weit auseinandergehen.